Mach mit bei der Leistungsshow junger Berliner Kunst!
Schwamm drueber. Die temporaere Kunsthalle hat gezeigt wie es lieber nicht geht, genau wie im Palast der Republik gab es ca. eine Ausstellung die man sich merken sollte,
jetzt duerft ihr mal raten, beide waren von Kuenstlern kuratiert. Ein paar Strassen weiter gibts einen Bunker, mit vergessenswuerdiger Kunst drin, privat finanziert. Das duerfte dank Gesundheitsreform Schule machen, jeder Chefarzt kann sich von nun an eine eigene kleine Flickhalle leisten.
Das Problem koennte sein, dass in Berlin der Fisch vom Kopf her stinkt. Das gebildete Buergertum war juedisch, der Rest ist in den Westen/Osten abgewandert, dazwischen gab es Berlin Zulage, Zigarettenfabriken und die DDR. Kreuzberg und Prenzlberg engmaschig durchsetzt von V-maennern und Stasi-IMs waren die Reservate der letzten echten Kuenstler, Brutzellen nietzscheanischer Sexyness a la Meese. Vielleicht erklaert sich aus dieser staatlichen Unterwanderung eine gewisse Skepsis den Vorhaben der öffentlichen Stellen gegenüber, gepaart mit einer grossen Bereitschaft zur Vernetzung und Korruption, dem typischen Berliner Laissez-faire.
Die Hochkultur Berlins ist eine Subkultur, weitgehend einkommensresistent, prekaer oder temporaer, dezentral und zerklueftet, international und regierungsfern, sie vermischt sich traditionell recht schlecht mit den Bebauungsplaenen der mit einer fortwaehrenden Schrumpfung und Umschichtung ihres Beamtenapparates und Filzbestands beschaeftigten Fuehrungskaste. Diese hat es dank Sarrazin u.a. geschafft nicht nur das Tafelsilber der Wohnungsbaugesellschaften zu verkaufen sondern bald auch noch das Wasser dazu. Wenn der regierende Buergermeister heute sich in Personalunion zum Kultursenator kroent, wundert man sich dass der Betrieb weiter trotzdem so reibungslos weiterlaeuft. Immerhin gibt es keinen Berliner Reichstrinksportsenator und Partypropagandasenator mehr mitzubesetzen und Tempelhof ist der neue Spielplatz fuer Jahre wo nochmal Mauerpark und offener Himmel bis zum unvermeidlichen Ausverkauf an Hoechstbietende durchgespielt werden kann, offene Ausschreibung an die freien Wertschoepfer incl.
Das Elend der Eventkultur mit publikumsarmen Budenzauber zu jeder Gelegenheit, laesst sich nur durch die Schwemme an kommunalfinanzierten Mini-jobs erklaeren. Die Kunsthalle ist die Fortfuehrung der totalen Weihnachtsmarktisierung der oeffentlichen Plaetze mit anderen Mitteln. Warum also nicht allen jungen Kuenstlern aus dieser Kuenstlermappem-Mobilmachung auf die Ueberholspur bei Hartz-IV schicken und endlich die Berliner Oekonomie eines real existierenden Grundeinkommens mit einem veritablen Multikulti-Kunsthalltentempel feiern? Junge Berliner hippe Kunst? (wurde schnell alt und bald vergessen). Volksnahe Vermittlung ist gefragt, Durchsatz. Am besten mit Busbahnhof im Erdgeschoss. Die hochgebildete internationale Subkultur erwartetet am ehesten sowas wie ABC “schmeisst die Institutionskunst raus, lasst die Galerien ran und schickt die Kuratoren und Kulturmanager, die Museumspaedagogen und Eventdesigner in die Wueste. Lasst endlich die Zahnartztkammer den Kunstbetrieb selbst regeln.” Der Kulturbetrieb blaeht sich von dieser administrativen Seite her gefaehrlich auf. Manche fordern: Hoert endlich damit auf die Benchmarks zu faelschen und setzt richtige Kriterien an was Kosten Nutzen Faktoren angeht. Prekarisierung von Oben!
Dann wird klar dass z.b. freies Kulturradio sich sehr gut rechnen koennte, oder das ein oder andere Kulturgastarbeitermodell. Schwer zu sagen was man mit einer weiteren Kunsthalle soll, wenn die Galerien und Projektraeume durchaus auf hohem Niveau das umsonst liefern was der Leuchturmbetrieb in der Kaffeepause verbraucht. Die gefuellte Giesskanne der Haupstadtkultur ist immer noch die bessere Steuergeldanlage als die debile 15 Millionen Be-Berlin Kampagne an die Spezis von der Berlin Partnerkammer, oder eine Komplettberatung durch die ein oder andere senatsnahe Demenzagentur. Nur ein gut geduengter Pilzbefall kann gegen den Filz helfen, und die fortschreitende Stuttgartisierung der Hotspots der Berliner Kunstwelt. Darum braucht Berlin sofort eine Subprime-Krise, eine Aufhebung der Mietpreisbindung und eine kurzfristige Aufblaehung des Immobilienmarktes, mit anschliessend langanhaltender Baisse, wie in den fruehen 90ern. Die beste Kuenstlerfoerderung ist die Senkung der Raummieten, Kunst braucht Raum. Die ein oder andere Landesbank kann dabei durchaus gerne Pleite gehen und Berlin endlich Privatinsolvenz anmelden, (der Kunst hat die Krise nicht so sehr geschadet, solange genug Kapital vernichtet wurde, sprich in Zeiten der Blaehung in riskante Kunstankaeufe verinvestiert und spaeter oeffentlichen Kunsthallen vermacht)
Ist jemandem aufgefallen dass die Siegessaeule temporaer um etliche Meter verbreitert wurde? Die Verschiebung der Proportionen hat Zukunftsformat. Durch die Verdickung entsteht der Eindruck der Verkuerzung, gepaart mit protziger Goldigkeit, ein Sinnbild des Berliner Wandels. Was sagen die Maenner Berlins dazu Herr Buergermeister? Damit geraet die Geometrie des Tiergartens durcheinander, und wahrscheinlich breiten sich von diesem Ort morphogenetischen Felder der Verfettung unaufhaltsam weiter, um ueberall dort postheroisches Siegertum herabzustutzen wo sie ueber die dumpfe Kleinstaaterei sich wagt hinauszurecken. Gold glaenzende SPD-Entnazifizierung mit einer guten Prise Muencher Revaunchismus und Kaiser Wilhelm Historismus. Die Goldelse mutiert zum Goldbroiler und wacht ueber die visionaere Posemuckelifizierung im deutschen Biedermeiertum 2010.
An der Spitze der Armee der Kleingeister welche nun die Stadt profitabel machen sollen, ein internationales honoriges Kuratorenteam altgedienter Querdenker. Wenn daraus mal aus Versehen kein Internetportal wird… Dem Berliner Filz sollte endlich ein Denkmal gesetzt werden bevor man sich ganze Mehrzweckhallen vor den Hauptbahnhof setzt, im Deutsche Bahn/Bank Design. Antes und Otto Schwanz als Rollenbilder! Dafuer bitte eine Ausschreibung. Ein Denkmal neben Marx und Engels. Eine Hommage an Beuys Agitprop!
Berlin ist wahrscheinlich gerade soweit wie NewYork in den spaeten 80ern. Gib ihm noch 10 Jahre und ein paar Hardliner, dann ist es durchnormalisiert wie jede andere durchschnittliche deutsche Grosstadt, mit ebenso durchschnittlichem Standortfaktor im Equlibrium des demografischen Einkommensgefaelles. Die Kunsthalle koennte sich ja mit diesem unvermeidlichen Niedergang auseinandersetzen, ihn vorwegnehmen, verlangsamen, oder gar umleiten.
Es braucht innovative Ideen, kreative Nutzungsvorschlaege um nicht allein den brotlosen Kuenstlern diese Halle zu ueberlassen! Ein Betahaus mit 5000 Laptoparbeitsplaetzen, und einem Startup pro Woche der pleite geht. Eine Mode und Designermesse zwischen Dessou und Haustiermode kuratiert von Groessen der Punkmode. Eine WW2-Paintball-Kulisse designt von den langhaarigen Ausstattergenies aus Babelsberg. Eine Grossmesse fuer dekoratives Galleriekunsthandwerk im privaten Gesundheitswesen. Eine Leistungsshow der digitalen Kunst der Deutschen Steuerberaterinnen gepaar mit dem grossen SAP Medienfassadenspektakel. Die Berliner Clubcommission laedt ein zum grossen Sechstage-Koksen, Schirmherren niemand geringeres als Tim Renner und Paul von Dyk. Das Berghain gruendet die erste deutsche schwule Balettschule und baut das Paradise Garage im Masstab 10:1 nach, gesponsort von einem ungenannten Bankenunternehmen. Der erste Strassenkuenstlerwettbwerb der Berliner Kitas. Die lange Nacht der obdachlosen Dichter. Easyjet versetzt die elektronischen Musikfestivals der Welt um eine Woche nach Berlin um die 1000 jaehrige Olympiade der Minimaltechno-folklore zu eroeffnen. Eine Ausstellung des Nachbaus der Inneneinrichtung preussischer Ministerialbeamtenbueros samt internationalem Soziologiekongress. Eine Leistungsshow der deutschen Atomlobby zum 100. Todestag von Madame Currie. Die Ueberlebenskunst von Kuratoren am Berliner Immobilienmarkt gestaltet von Hans Haake. BBK und Gruene Woche bieten Biokochkurse zum Sonderpreis Montags in der Kantine.
Fortsetzung koennte folgen…
demnaechst auf http://reboot.fm
dem (derzeit garantiert foerderungs) freien kulturradio aus berlin
2 Comments
1 susanne gerber wrote:
ja, ich liebe die innovativen ideen! das ist die stadt in der ich leben werde! vielleicht weg mit der idee von innovativ? weg mit der idee von idee? und vor allem weg mit dem ganzen müll mit dem die stadt da zugeschüttet wird. mehr nix? mehr brachland?oder erstmal winterschlaf. susanne
2 pit wrote:
also die ideen von oben haben in berlin eine ungute tradition. darum wird so getan als ob agenturen, gremien und ausschreibungen anstelle der obrigkeit handeln wuerden. wenn jedoch etwas gelingt, dann ausserplanmaessig und eindeutig aus versehen. solange der beamtenstaat vor sich hin pusselt und seine pfruende sichert ist es ok, aber wehe jemand mit macht hat eine idee…
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